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DER SAMMLER FREDDY FREIHERR VON
BETTENDORFF ESCORSELL
AFRIKANISCHE KUNST JENSEITS
VON FOLKLORE
Wer
hierzulande Kunsthistoriker und große Galeristen nach zeitgenössischer
afrikanischer Kunst fragt, erhält in vielen Fällen ein Schulterzucken als
Antwort. Man ist schnell mit Begriffen wie „Folklore" und
„Holzmasken" bei der Hand, darüber hinaus kommt wenig. Freddy Freiherr
von Bettendorff Escorsell setzt diesem Unwissen ein konkretes Engagement
entgegen. Der in Nußloch bei Heidelberg lebende Rotarier (2006/07 Präsident
des R.C. Schwetzingen-Kurpfalz, 2002/2003 Präsident des R.C.
Schwetzingen-Walldorf) hat in einem von seinen Urahnen in Gauangelloch errichteten
Wasserschlösschen eine Galerie für zeitgenössische afrikanische Kunst
eingerichtet.
Bei einem Besuch der EXPO 1992 in Sevilla faszinierten ihn die dort
ausgestellten Steinskulpturen aus Simbabwe. Die Idee, solche Arbeiten in
Gauangelloch zu präsentieren, nahm schnell Gestalt an. Mit Unterstützung
engagierter Experten kam es schon 1993 zur Eröffnung der Galerie. Der
Skulpturenpark mit Shona-Plastiken gehört inzwischen zu den weltweit
größten Sammlungen dieser Kunstform.
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Fotos: Christoph Blüthner
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Ohne in der Steinbildhauerei verwurzelt zu sein und ohne akademisch-
künstlerische Ausbildung begannen in den 196oer-Jahren künstlerisch
veranlagte Landarbeiter in Simbabwe mit der Bearbeitung des im Land
vorkommenden Serpentingesteins. Sie schlossen sich unter der Leitung des
ehemaligen Farmers Tom Blomefield und des Direktors der Nationalgalerie in
Harare zu Workshops zusammen. Es entwickelte sich eine Kunstrichtung, die
heute als Shona-Plastik bekannt ist. Sie hat inzwischen drei Generationen
her vorgebracht und internationale Anerkennung gefunden. Sammler bezahlen
für die Arbeiten von Künstlern wie Henry Munyaradzi oder Bernard Matemera
bis zu 40.000 Euro. Nur in Ausnahmen ist es möglich, den Arbeiten eine
bestimmte Botschaft zuzuschreiben. Sie stellen oft mütterliche Antlitze
dar. Tierkörper wie Raubkatzen oder Paviane beziehen sich auf die
Mythologie der Shona und symbolisieren Buschgeister oder herbeigesehnte
Attribute wie Macht oder Güte.
„Wir arbeiten ohne Plan. Die Form ist vom Stein vorherbestimmt, sie kommt
aus ihm heraus." So zitierte die Zeitschrift art einen
Shona-Künstler der ersten Generation. Nur selten werden konkrete
gesellschaftliche oder politische Erfahrungen verarbeitet. Zu diesen
Ausnahmen zählt die auf der Terrasse des Wasserschlösschens in Gauangelloch
stehende Skulptur „Living with the virus" von Joseph Muzondo, die die
Aids- Epidemie in Afrika thematisiert.
Natürlich verfolgen Freddy von Bettendorff und sein Galerieteam über das
reine Sammeln hinaus noch ein spezielles Ziel: „Wir wollen Hilfestellung
leisten, wo es darum geht, afrikanische Kunst aus den Völkerkundemuseen zu
befreien und einem interessierten Publikum zu zeigen." Es gibt in
Afrika erst wenige bildende Einzelkünstler. Umso interessanter ist es für
die Galeristen aus Gauangelloch, die Entwicklung der afrikanischen
Gegenwartskunst zu fördern. Deshalb präsentieren sie nicht nur die
international namhaft — und entsprechend teuer — gewordenen Künstler,
sondern immer wieder auch Arbeiten, die ab 300 Euro zu haben sind.
Text: Helmuth Bischoff
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